Ein jeder Engel
    
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn
aus der Engel Ordnungen?
Sie haben alle müde Münde
und helle Seelen ohne Saum.
Und eine Sehnsucht (wie nach Sünde)
geht ihnen manchmal durch den Traum.
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn
aus der Engel Ordnungen?
Ein jeder Engel ist schrecklich.
Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang,
den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, …
Fast gleichen sie einander alle;
in Gottes Gärten schweigen sie,
wie viele, viele Intervalle
in seiner Macht und Melodie.
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn
aus der Engel Ordnungen?
Ein jeder Engel ist schrecklich.
Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang,
den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören.
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn
aus der Engel Ordnungen?
Nur wenn sie ihre Flügel breiten,
sind sie die Wecker eines Winds:
als ginge Gott mit seinen weiten
Bildhauerhänden durch die Seiten
im dunklen Buch des Anbeginns.
Ein jeder Engel ist schrecklich.
    
Sie muss immer sinnen: Ich bin... ich bin...
Wer bist du denn, Marie?
Eine Königin, eine Königin!
In die Kniee vor mir, in die Knie!
So haben die Dinge dich groß gemacht,
und kannst du noch sagen wann?
Sie muss immer weinen: Ich war... ich war...
Wer warst du denn, Marie?
Ein Niemandskind, ganz arm und bar,
und ich kann dir nicht sagen wie.
Ich trat in die Gasse hinaus und sieh:
die ist wie mit Saiten bespannt;
da wurde Marie Melodie, Melodie...
und tanzte von Rand zu Rand.
Und wurdest aus einem solchen Kind
eine Fürstin, vor der man kniet?
Weil die Dinge alle anders sind,
als man sie beim Betteln sieht.
Ich trat in die Gasse hinaus und sieh:
die ist wie mit Saiten bespannt;
da wurde Marie Melodie, Melodie...
und tanzte von Rand zu Rand.
Eine Nacht, eine Nacht, über eine Nacht, -
und sie sprachen mich anders an.
Sie muss immer sinnen: Ich bin... ich bin...
Wer bist du denn, Marie?
Eine Königin, eine Königin!
In die Kniee vor mir, in die Knie!
Eine Nacht, eine Nacht, über eine Nacht, -
und sie sprachen mich anders an.
Ich trat in die Gasse hinaus und sieh:
die ist wie mit Saiten bespannt;
da wurde Marie Melodie, Melodie...
und tanzte von Rand zu Rand.
Die Leute schlichen so ängstlich hin,
wie hart an die Häuser gepflanzt, -
denn das darf doch nur eine Königin,
dass sie tanzt in den Gassen: tanzt!...
    
Er ging hinauf unter dem grauen Laub
ganz grau und aufgelöst im Ölgelände…
Nach allem dies. Und dieses war der Schluss.
Jetzt soll ich gehen, während ich erblinde,
und warum willst Du, dass ich sagen muss,
Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde.
Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein.
Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein.
Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein.
…und legte seine Stirne voller Staub
tief in das Staubigsein der heißen Hände.
Ich bin allein mit aller Menschen Gram,
den ich durch Dich zu lindern unternahm,
der Du nicht bist. o namenlose Scham...
Später erzählte man, ein Engel kam - .
Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein.
Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein.
Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein.
Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht.
Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern,
und Nächte werden nicht um solche groß.
Die Sich-Verlierenden lässt alles los,
und sie sind preisgegeben von den Vätern
und ausgeschlossen aus Mütter Schoß.
Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein.
Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein.
Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein.
    
Du weißt vielleicht nicht, wie die Nächte
für Menschen, die nicht schlafen, sind:
da sind sie alle Ungerechte,
der Greis, die Jungfrau und das Kind.
Und so, mein Gott, ist jede Nacht;
immer sind welche aufgewacht,
die gehn und gehn und dich nicht finden.
Sie fahren auf wie totgesagt,
von schwarzen Dingen nah umgeben,
und ihre weißen Hände beben,
verwoben in ein wildes Leben.
Vergangenes steht noch bevor,
und in der Zukunft liegen Leichen,
ein Mann im Mantel pocht am Tor,
und mit dem Auge und dem Ohr
ist noch kein erstes Morgenzeichen,
kein Hahnruf zu erreichen.
Die Nacht ist wie ein großes Haus.
Und mit der Angst der wunden Hände
reißen sie Türen in die Wände, -
dann kommen Gänge ohne Ende,
und nirgends ist ein Tor hinaus.
Und so, mein Gott, ist jede Nacht;
immer sind welche aufgewacht,
die gehn und gehn und dich nicht finden.
Und so, mein Gott, ist jede Nacht!
Hörst du sie mit dem Schritt von Blinden
das Dunkel treten?
Auf Treppen, die sich niederwinden,
hörst du sie beten?
Hörst du sie fallen
auf den schwarzen Steinen?
Du musst sie weinen hören; denn sie weinen.
    
Nachtwächter ist der Wahnsinn,
weil er wacht.
Bei jeder Stunde bleibt er lachend stehn,
und einen Namen sucht er für die Nacht
und nennt sie: sieben, achtundzwanzig, zehn...
Und ein Triangel trägt er in der Hand,
und weil er zittert, schlägt es an den Rand
des Horns, das er nicht blasen kann, und singt
das Lied, das er zu allen Häusern bringt.
Nachtwächter ist der Wahnsinn,
weil er wacht.
Die Kinder haben eine gute Nacht
und hören träumend,
dass der Wahnsinn wacht.
Die Kinder haben eine gute Nacht,
der Wahnsinn wacht.
Bei jeder Stunde bleibt er lachend stehn,
und einen Namen sucht er für die Nacht
und nennt sie: sieben, achtundzwanzig, zehn...
Die Hunde aber reißen sich vom Ring
und gehen in den Häusern groß umher
und zittern, wenn er schon vorüberging,
und fürchten sich vor seiner Wiederkehr.
Die Kinder haben eine gute Nacht
und hören träumend,
dass der Wahnsinn wacht.
Nachtwächter ist der Wahnsinn,
weil er wacht.
    
Die Städte aber wollen nur das Ihre
und reißen alles mit in ihren Lauf.
Wie hohles Holz zerbrechen sie die Tiere
und brauchen viele Völker brennend auf.
Es ist, als ob ein Trug sie täglich äffte,
sie können gar nicht mehr sie selber sein;
das Geld wächst an, hat alle ihre Kräfte
und ist wie Ostwind groß, und sie sind klein…
Und ihre Menschen dienen in Kulturen
und fallen tief aus Gleichgewicht und Maß,
und nennen Fortschritt ihre Schneckenspuren
und fahren rascher, wo sie langsam fuhren,
und fühlen sich und funkeln wie die Huren
und lärmen lauter mit Metall und Glas.
…und ist wie Ostwind groß, und sie sind klein
und ausgeholt und warten, dass der Wein
und alles Gift der Tier- und Menschensäfte
sie reize zu vergänglichem Geschäfte.
Und ihre Menschen dienen in Kulturen
und fallen tief aus Gleichgewicht und Maß,
und nennen Fortschritt ihre Schneckenspuren
und fahren rascher, wo sie langsam fuhren,
und fühlen sich und funkeln wie die Huren
und lärmen lauter mit Metall und Glas.
Die Städte aber wollen nur das Ihre.
    
Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen;
von Ebenen, die fern sind und entlegen,
geht sie zum Himmel, der sie immer hat.
Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.
Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen.
Regnet hernieder in den Zwitterstunden,
wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen
und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,
enttäuscht und traurig von einander lassen;
und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen…
Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen.
Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen:
dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen...
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen:
dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen...
Einsamkeit.
    
Reitet der Ritter in schwarzem Stahl
hinaus in die rauschende Welt.
Reitet der Ritter in schwarzem Stahl
draußen ist Alles: Tag und Tal.
Doch in dem Panzer des Ritters drinnen,
hinter den finstersten Ringen,
hockt der Tod und muss sinnen und sinnen:
Wann wird die Klinge springen
über die Eisenhecke,
die fremde befreiende Klinge,
die mich aus meinem Verstecke
holt…
Und draußen ist Alles: der Tag und das Tal
und der Freund und der Feind
und das Mahl im Saal
und der Mai und die Maid
und der Wald und der Gral,
und Gott ist selber vieltausendmal
an alle Straßen gestellt.
Doch in dem Panzer des Ritters drinnen,
hinter den finstersten Ringen,
hockt der Tod und muss sinnen und sinnen:
Wann wird die Klinge springen
über die Eisenhecke,
die fremde befreiende Klinge,
die mich aus meinem Verstecke
holt, drin ich so viele
gebückte Tage verbringe, -
dass ich mich endlich strecke
und spiele
und singe.
Doch in dem Panzer des Ritters drinnen,
hinter den finstersten Ringen,
hockt der Tod und muss sinnen und sinnen:
Wann wird die Klinge springen
und spielen
und singen.
Wann wird die Klinge springen
über die Eisenhecke,
die fremde befreiende Klinge,
die mich aus meinem Verstecke
holt, drin ich so viele
gebückte Tage verbringe, -
dass ich mich endlich strecke
und spiele
und singe.
Ich spiele.
Ich singe.
    
        
        Was wir besiegen, ist das
        Kleine,  
und der Erfolg selbst macht uns
        klein.  
Das Ewige und Ungemeine 
    
will nicht von uns…
        
        Wie ist das klein, womit wir
        ringen,  
was mit uns ringt, wie ist das
        groß;  
ließen wir, ähnlicher den
        Dingen,  
uns so vom großen Sturm bezwingen,
        -  
wir würden weit und
        namenlos. 
    
        
        Ich sehe den Bäumen die Stürme
        an,  
die aus laugewordenen
        Tagen  
an meine ängstlichen Fenster
        schlagen, 
    
        
        und höre die Fernen Dinge
        sagen,  
die ich nicht ohne Freund
        ertragen,  
nicht ohne Schwester lieben
        kann. 
 
    
        
        Was wir besiegen, ist das
        Kleine,  
und der Erfolg selbst macht uns
        klein.  
Das Ewige und
        Ungemeine  
will nicht von uns gebogen
        sein.  
Das ist der Engel, der den
        Ringern  
des Alten Testaments
        erschien:  
wenn seiner Widersacher
        Sehnen  
im Kampfe sich metallen
        dehnen,  
[fühlt er sie unter seinen
        Fingern]  
wie Saiten tiefer
        Melodien. 
    
Da geht der Sturm, ein Umgestalter,
geht durch den Wald und durch die Zeit,
und alles ist wie ohne Alter:
die Landschaft, wie ein Vers im Psalter,
ist Ernst und Wucht und Ewigkeit.
Was wir besiegen, ist das Kleine,
und der Erfolg selbst macht uns klein.
Das Ewige und Ungemeine
will nicht von uns gebogen sein.
Das ist der Engel, der den Ringern
des Alten Testaments erschien:
wenn seiner Widersacher Sehnen
im Kampfe sich metallen dehnen…
Wen dieser Engel überwand,
welcher so oft auf Kampf verzichtet,
der geht gerecht und aufgerichtet
und groß aus jener harten Hand,
die sich, wie formend, an ihn schmiegte.
Die Siege laden ihn nicht ein.
Sein Wachstum ist: der Tiefbesiegte
von immer Größerem zu sein.
    
            
            Denk es wäre nicht: es hätte
            müssen  
endlich in den Bergen sich
            gebären  
und sich niederschlagen in den
            Flüssen  
aus dem Wollen, aus dem
            Gären
        
            
            ihres Willens; aus der
            Zwang-Idee,  
dass ein Erz ist über allen
            Erzen.  
Weithin warfen sie aus ihren
            Herzen  
immer wieder
            Meroe
        
            
            Nur (so sagt man) in den letzten
            Nächten  
steht es auf und sieht sie
            an.
        
            
            an den Rand der Lande, in den
            Äther,  
über das Erfahrene
            hinaus;  
und die Söhne brachten manchmal
            später
        
            
            das Verheißene der
            Väter,  
abgehärtet und
            verhehrt,
            nachhaus;
        
        
        Nur (so sagt man) in den
        letzten Nächten  
steht es auf und sieht sie an.
    
wo es anwuchs eine Zeit,
um dann fortzugehn
        
        von den an ihm
        Geschwächten,  
die es niemals liebgewann.  
    
        
        Nur (so sagt man) in den
        letzten Nächten  
steht es auf und sieht sie an. 
    
    
            
            Ich weiß das Leben ist gar und
            gut  
und die Welt ist ein voller
            Topf,  
aber mir geht es nicht ins
            Blut,  
mir steigt es nur zu
            Kopf. 
        
            
            Halten sie mir den Löffel
            her,  
diesen Löffel
            Leben.  
Nein ich will und ich will nicht
            mehr,  
lasst mich
            mich übergeben.
        
            
            Also noch einen
            Augenblick.  
Dass sie mir immer
            wieder
        
            
            den
            Strick zerschneiden.  
Neulich war ich so gut
            bereit  
und es war schon ein wenig
            Ewigkeit  
in meinen
            Eingeweiden. 
        
            
            Halten sie mir den Löffel
            her,  
diesen Löffel
            Leben.  
Nein ich will und ich will nicht
            mehr,  
lasst mich
            mich übergeben. 
        
            
            Andere nährt es, mich macht es
            krank;  
begreift, dass man's
            verschmäht.  
Mindestens ein Jahrtausend
            lang  
brauch ich jetzt
            Diät. 
        
Ich verrinne, ich verrinne
            
            Andere nährt es, mich macht es
            krank;  
begreift, dass man's
            verschmäht.  
Mindestens ein Jahrtausend
            lang  
brauch ich jetzt
            Diät. 
        
            
            Ich verrinne, ich
            verrinne 
wie Sand, der durch Finger
            rinnt. 
Ich habe auf einmal so viele
            Sinne, 
        
            
            die alle anders durstig
            sind. 
Ich fühle mich an hundert
            Stellen 
schwellen und
            schmerzen. 
Aber am meisten mitten im
            Herzen. 
        
            
            Ich möchte sterben. Lass mich
            allein. 
Ich glaube, es wird mir
            gelingen, 
so bange zu
            sein, 
dass mir die Pulse
            zerspringen. 
        
            
            Halten sie mir den Löffel
            her,  
diesen Löffel
            Leben.  
Nein ich will und ich will nicht
            mehr,  
lasst
            mich mich übergeben. 
        
    
Wir spielen weiter. Noch ist die Welt
                
                voll Rollen, die wir
                spielen. 
Solang wir sorgen, ob wir auch
                gefielen, 
spielt auch der
                Tod, 
                obwohl er nicht
                gefällt.
            
Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das nicht mit uns teilt.
                
                Wir haben keinen
                Grund, 
Bewunderung und Liebe oder
                Hass 
dem Tod zu
                zeigen,
            
                
                den ein
                Maskenmund 
tragischer Klage wunderlich
                entstellt. 
            
                
                Doch als du
                gingst, 
                da brach in diese
                Bühne 
ein Streifen
                Wirklichkeit 
                durch jenen
                Spalt 
durch den du
                hingingst:
            
                
                Grün wirklicher
                Grüne, 
wirklicher Sonnenschein,
                
                wirklicher
                Wald. 
            
Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlerntes hersagend
und Gebärden dann und wann aufhebend; aber dein von uns entferntes,
aus unserm Stück entrücktes Dasein
kann uns manchmal überkommen,
                
                wie ein
                Wissen 
von jener Wirklichkeit sich
                niedersenkend, 
so dass wir eine Weile
                hingerissen 
das Leben
                spielen, 
                nicht an Beifall
                denkend. 
            
Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das nicht mit uns teilt.
        
        Wir haben keinen
        Grund, 
Bewunderung und Liebe oder Hass 
dem Tod zu zeigen,
    
        
        den ein
        Maskenmund 
tragischer Klage wunderlich entstellt. 
    
        
        Doch als du
        gingst, 
        da brach in diese
        Bühne 
ein Streifen Wirklichkeit 
        durch jenen
        Spalt 
durch den du hingingst:
    
        
        Grün wirklicher
        Grüne, 
wirklicher Sonnenschein, 
        wirklicher
        Wald. 
    
Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das nicht mit uns teilt.
        
        Wir haben keinen
        Grund, 
Bewunderung und Liebe oder Hass 
dem Tod zu zeigen,
    
        
        den ein
        Maskenmund 
tragischer Klage wunderlich entstellt. 
    
    
Wie lange Nächte in verwelkten Lauben,
die schon zerrissen sind auf allen Seiten
und viel zu weit, um noch mit einem Zweiten,
den man sehr liebt, zusammen drin zu weinen, -
wie nackte Mädchen, kommend über Steine,
wie Trunkene in einem Birkenhaine, -
wie Worte, welche nichts Bestimmtes meinen
und dennoch gehn, ins Ohr hineingehn,
weiter ins Hirn
und heimlich auf der Nervenleiter
durch alle Glieder
Sprung um Sprung versuchen, -
wie Greise, welche ihr Geschlecht verfluchen
und dann versterben,
so dass keiner je abwenden könnte
das verhängte Weh,
wie volle Rosen, künstlich aufgezogen
im blauen Treibhaus, wo die Lüfte logen,
und dann vom Übermut in großem Bogen
hinausgestreut in den verwehten Schnee, -
wie eine Erde, die nicht kreisen kann,
weil zuviel Tote ihr Gefühl beschweren,
wie ein erschlagener verscharrter Mann,
dem sich die Hände gegen Wurzeln wehren, -
wie eine von den hohen, schlanken, roten
Hochsommerblumen, welche unerlöst
ganz plötzlich stirbt im Lieblingswind der Wiesen,
weil ihre Wurzel unten an Türkisen
im Ohrgehänge einer Toten stößt....
Und mancher Tage Stunden waren so.
Als formte wer mein Abbild irgendwo,
um es mit Nadeln langsam zu misshandeln.
Ich spürte jede Spitze seiner Spiele,
und war, als ob ein Regen auf mich fiele,
in welchem alle Dinge sich verwandeln.
Und mancher Tage Stunden waren so.
    
                
                Was wirst du tun, Gott, wenn ich
                sterbe?  
Ich bin dein Krug (wenn ich
                zerscherbe?)  
Ich bin dein Trank (wenn ich
                verderbe?)  
Bin dein Gewand und dein
                Gewerbe,  
mit mir verlierst du deinen
                Sinn.  
 
Nach mir hast du kein
                Haus,
            
                
                darin dich Worte, nah und warm,
                begrüßen.  
Es fällt von deinen müden
                Füßen  
die Samtsandale, die ich
                bin.  
            
                
                Was wirst du tun, Gott, wenn ich
                sterbe?  
Was wirst du tun,
                Gott? 
            
                
                Was wirst du tun Gott, wenn ich
                sterbe? 
Ich bin dein Krug (wenn ich
                zerscherbe?)  
Ich bin dein Trank (wenn ich
                verderbe?)  
Bin dein Gewand und dein
                Gewerbe,  
mit mir verlierst du deinen
                Sinn. 
            
                
                Dein großer Mantel lässt dich
                los.  
Dein Blick, den ich mit meiner
                Wange  
warm, wie mit einem Pfühl,
                empfange,  
wird kommen, wird mich suchen,
                lange -  
und legt beim
                Sonnenuntergange  
sich fremden Steinen in den
                Schoß.  
            
                
                Was wirst du tun, Gott, wenn ich
                sterbe?  
Was wirst du tun,
                Gott? 
            
                
                Was wirst du tun Gott, wenn ich
                sterbe? 
Ich bin dein Krug (wenn ich
                zerscherbe?)  
Ich bin dein Trank (wenn ich
                verderbe?)  
Bin dein Gewand und dein
                Gewerbe,  
mit mir verlierst du deinen
                Sinn.